Ab in den Urwald!

Kolumbien grenzt im Norden des Landes an die Karibik. Da wir hier von einer Permakultur-Plantage gehört hatten und uns die Karibik auch einmal anschauen wollten, sind wir auch in den Norden Kolumbiens gereist. Angefangen haben wir in der historische Stadt Cartagena, die sich für uns von einer sehr schönen Seite gezeigt hat. Die Altstadt ist wunderschön, sehr gut erhalten und UNESCO Weltkulturerbe. Auch die alte Burg, welche die Stadt haushoch überragt, hat uns sehr angesprochen. Sie ist von einem riesigen Tunnelsystemen durchzogen, durch das man theoretisch allein laufen kann, um sich zu verirren. Wir haben uns da nur 100 Meter rein getraut, danach wurde es uns zu unheimlich mit den ganzen Seitengängen und Sackgassen.

Was wir euch natürlich nicht vorenthalten möchten ist unsere Busfahrt nach Cartagena. Hier wurde ein Film abgespielt, schaut selbst, in welcher LAUTSTÄRKE!!!! 🙂 

Smaragde

Dafür haben wir uns aufgemacht zu einem Smaragd Museum. Denn Kolumbien produziert rund 60 % der weltweiten Smaragde. Die feinsten werden in Minen nahe Bogotá gewonnen, wobei in zwei der dortigen Minen 90 % dieser aus Kolumbien exportierten Edelsteine abgebaut werden. Weil uns die Steine überall entgegen blitzten und wir in Bogotá kein Museum dazu besucht haben, haben wir das in Cartagena nachgeholt. Die kolumbianischen Smaragde gibt es in verschiedenen Farben, von leicht gelblich grün bis zu tief, dunkel und sogar blau-grünlich. Sie sind besonders hochwertig, weil sie sehr klar sind und schimmern. Smaragde symbolisieren Hoffnung und Gerechtigkeit. Die Edelsteine waren schon bei den antiken Völkern Südamerikas eine wichtige Verzierung für Zeremonien die u.a. in Goldschmuck eingearbeitet wurden. Zu Zeiten Pablo Escobars, dem damaligen Anführer der Drogen Gang aus Medellín, gab es einen Krieg um die Edelsteine. Der Versuch Escobars, die Emerald Mine in Muzo (nahe Bogotá) einzunehmen wurde von den Bossen der Emerald Industry abgelehnt, weshalb in der Gegend um die Mine ein blutiger Krieg entfachte bei dem um die 3.000 Menschen ihr Leben ließen, bis der Drogen Boss aufgab. Es hätte uns tatsächlich sehr interessiert, eine Mine zu besuchen, da hat sich aber nicht ergeben. Vielleicht auf unserer weiteren Reise…

Palomino

Nach Cartagena ging es weiter für uns nach Palomino, wo wir ein paar Strand und Erholungstage machen wollten. Das hat leider nicht ganz geklappt, weil das Meer an dieser Stelle so rau ist, dass man dort nur surfen, nicht jedoch schwimmen kann. Dafür sind wir zu einem tollen Aussichtspunkt gewandert, der unbeschreibliche Blicke auf die Sierra Nevada de Santa Marta bot. Wir waren auch nicht die einzigen Lebewesen, die hier gewandert sind. Schaut selbst…

Von den Blattschneiderameisen waren wir fasziniert und haben sie sehr lange beobachtet. Wie wir gelernt haben, sind sie „Landwirte“. Sie schneiden mit ihren Mundwerkzeugen Pflanzenblätter ab und tragen die abgeschnittenen Blätter in einen Bau um dort eine Pilz Farm anzulegen, die sie ausbauen und pflegen, sozusagen „füttern“, um sich davon zu ernähren.  Für viele Landwirt:innen sind sie allerdings eine Plage, weil sie auch die Blätter der angebauten Nutzpflanzen abschneiden.

Tier- und Pflanzenwelt im Norden Kolumbiens

in Palomino selbst wie auch im angrenzenden Parque Tairona haben wir Wanderungen unternommen und dabei viele Tiere, Insekten und Pflanzen gesehen. Im Parque Tairona gab es kilometerlange weiße Sandstrände, an denen man NICHT schwimmen konnte :-/ Überall standen leider Schilder, dass hier mehrere 100 Menschen ums Leben gekommen sind und dass Schwimmen hier verboten ist. Die 2 oder 3 Strände an denen Schwimmen erlaubt war, weil Steinriffe im Meer die Wellen vorher brechen, waren uns zu voll. Deshalb gibt es nur begrenzte Badebilder von uns. Dafür aber mehr Bilder von der Landschaft 😊

Randnotiz: Habt ihr euch schon mal gefragt, wie und wo wir eigentlich den Blog so schreiben und wie die Recherche stattfindet? Also teilweise sind wir in extremen Situationen und unter maximalem Stress dabei, die Artikel zu schreiben und die Bilder zu suchen. Ein Beispiel war in unserer Unterkunft beim Tayrona Parque 😉

Minca

Weiter ging es für uns nach Minca. Minca ist verglichen mit den anderen Dörfern, die wir so besucht haben, ein wahrer Diamant. Es gibt hier nur wenige Touristen, das Dorf liegt im Grünen, umzingelt von diversen Wäldern und Wanderwegen. Minca ist bekannt bei Vogelliebhabern. Der Ort hat uns mit dem dörflichen Charme auch direkt gepackt. Hier haben wir unter anderem eine Permakultur-Farm besucht und durch Zufall einen lokalen Kaffeebauern kennengelernt, der vor ein paar Jahren aus Deutschland nach Kolumbien gezogen ist, um Kaffee anzubauen. Dazu gleich mehr.

Wir haben hier Mundo Nuevo und Plan B besucht. Mundo Nuevo ist ein Ökosystem Wiederherstellungs-Projekt (Mundo Nuevo, Colombia – Ecosystem Restoration Communities), das Teil der Ecosystem Generation Community ist und direkt an die Finca Plan B angrenzt. Bevor das Wiederherstellungsprojekt anfing, wurde Viehzucht auf der Fläche betrieben. Dafür wurde Gras in großem Stile gesät; Raum für Biodiversität bestand nicht.

Gemeinschaften zur Wiederherstellung von Ökosystemen (Ecosystem Restoration Communities) sind Orte, an denen Menschen auf der ganzen Welt an der dringenden und großen Aufgabe der Wiederherstellung unserer geschädigten natürlichen Systeme und der Einführung regenerativer Nutzungen teilnehmen können. Die Stiftung Ecosystem Restoration Communities – Mighty Movement unterstützt das Netzwerk von Restaurierungspartnern durch Kommunikation, Wissensaustausch und Aufklärung der Öffentlichkeit.

Plan B ist ein Projekt von Annie, aus Deutschland, und Pim, aus den Niederlanden, die sich in Minca ein Stück Land gekauft haben und vor einigen Jahren angefangen haben hier Permakultur zu betreiben. Permakultur kommt aus dem Englischen und bedeutet so viel wie permanente (agri)culture, sprich dauerhafte Landwirtschaft. Dabei schaut man sich die Prozesse in der Natur an und versucht diese so gut wie möglich nachzuahmen, so dass alles theoretisch ohne das Zutun vom Menschen möglich ist. Z.B. gibt es in der Natur Bäume, die auf den Blättern gelbe Punkte haben und so aussehen, als ob bereits ein Schmetterling dort Eier abgelegt hat. Dies sorgt dafür, dass Schmetterlinge diesen Bereich meiden und von Beeten fernbleiben, die sie sonst verwenden würden, um ihre Eier abzulegen. Die Larven würden sonst die Blätter auffressen, so dass die Ernte gefährdet ist. Auch wird z.B. versucht mit intelligenten Kombinationen von Bäumen und Sträuchern dafür zu sorgen, dass die Bäume den Sträuchern Schatten spenden. Als Leitsätze für Permakultur zählen

  • Langfristig statt kurzfristig
  • Vielfalt statt Einfalt, sowohl Artenvielfalt, genetische Vielfalt, ökologische Vielfalt wie auch kulturelle Vielfalt
  • Nachhaltige Optimierung statt kurzfristiger Maximierung
  • Kooperation statt Konkurrenz
 

Laut Pim, der mit uns die Tour gemacht hat, ist das alles andere als einfach. Es hat einige Fehlschläge gekostet, aber er und sein Team agieren nach dem Motto: Fehler sind in Ordnung und wichtig. Man spricht offen darüber, wird nicht verurteilt und alle lernen gemeinsam daraus. Denn: „den gleichen Fehler ein zweites Mal machen ist dumm und unnötig“. Der aktuelle Stand hat uns jedenfalls sehr beeindruckt und wir werden das Projekt auf jeden Fall weiter beobachten. Allen die an Minca vorbeikommen, können wir den Workshop von Plan B nur ans Herz legen! Das vegane Essen von Annie ist traumhaft und die Tour mit Pim ist sehr interessant! Wir haben einige Inspirationen für unsere Terrasse und unsere Zimmerbepflanzung mitgenommen und möchten probieren Permakultur auf unsere Terrasse zu bringen 😊

Kaffeebauer Florian – Ein Deutscher unter Kolumbianern

Außerdem haben wir in Minca auch Florian getroffen. Er baut hier Bio-Kaffee an und vertreibt diesen in einem kleinen Laden in Minca sowie in Santa Marta. Spontan hat er uns auf eine kleine Führung über seine Plantage eingeladen. Da haben wir natürlich nicht nein gesagt. Da wir an dem Morgen nur schwer aus dem Bett kamen, mussten wir mit Mototaxis den Berg hochknattern. Oben angekommen wartete Florian bereits in Gummistiefeln auf uns und wir stapften über seine Finca. Hier ein Mango Baum, dort eine Bananenpalme, da mehrere Kaffeesträucher und zwischendrin noch diverse Kräuter und andere Pflanzen, um Insekten anzuziehen. Ein großes Problem, mit dem er und auch alle anderen Bauern in der Region zu kämpfen haben, ist die Abtragung der Humusschicht, also der Schicht, in der die ganzen Nährstoffe sind. Dies betrifft sowohl sehr trockene Erde, die durch Wind abgetragen wird als auch Erde, die durch starken Regen runtergeschwemmt wird. Denn wo keine Nährstoffe mehr im Boden sind, da wächst auch nichts mehr. Konventionell heißt das: DÜNGEN… DÜNGEN und noch mehr DÜNGEN… aber im bio/organischen Landbau bzw. mit dem Prinzip der Permakultur geht das nicht. Hier gibt es bereits mehrere tausend Jahre alte Konzepte: Terrassengärten! Und ganz ehrlich… wir haben so viele tolle Terrassen gesehen, das könnt ihr euch nicht vorstellen! Es werden wirklich „Terrassen“ in die Berge gebaut. Von klein bis riesig ist alles dabei.

Bei den kleinen Terrassen ist das Prinzip, dass die nährstoffreiche Erde zwar runtergeschwemmt wird, dann aber einfach wieder mit einer Schippe zu den entsprechenden Pflanzen hochgeschippt werden kann und so nicht verloren geht. Bei den großen Terrassen, die teilweise von den alten Hochkulturen noch existieren kommt es gar nicht dazu, dass die Erde sich weit bewegt, da hier eine Ebene ist, die durch Steine eingemauert ist und nur definierte Wasserwege auf die weiter unten liegenden Terrassen führen. Ein sehr altes, aber auch sehr spannendes Konzept. Florian hat angefangen auf seiner Plantage solche Terrassen anzulegen, was aber viel Zeit und Kraft in Anspruch nimmt. Er hat aber auch das große Glück, dass es noch existierende Terrassen der alten Hochkulturen auf seinem Grundstück gibt.

Vom karibischen Dschungel ging es weiter in DEN DSCHUNGEL, den AMAZONAS REGENWALD, unser letzter Stopp in Kolumbien: Leticia

Leticia – Leben am Dreiländereck

Leticia ist die einzige Stadt in Kolumbien, die direkt am Amazonas Fluss liegt. Das Problem? Es gibt nur eine Flugverbindung dahin. Es gibt keine Straßen, keine Bahn oder auch keine Fähre von anderen Städten in Kolumbien. Leticia ist am Dreiländereck zwischen Kolumbien, Brasilien und Peru. Zwischen Leticia (Kolumbien) und Tabatinga (Brasilien) gibt es eine Brücke über eine Straße, welche mit 2 kleinen Häuschen signalisiert, dass hier theoretisch eine Grenze sein sollte. Also praktisch ist hier auch eine Grenze, denn wenn man an dieser Brücke steht, hört man auf der einen Seite die Personen portugiesisch sprechen und auf der anderen Seite spanisch. Und auch die Musik ändert sich, die aus den fetten Anlagen aus den Geschäften und Autos herausschallt 😉 Die Menschen laufen und die Autos fahren einfach drüber, als ob nichts wäre. Auch nach Peru kommt man mit einem kleinen „Bananenboot“ für 1-2 € und ist dann auf der Insel Santa Rosa. Auch hier… keine Grenzkontrolle, nichts… Dadurch dass diese 3 Orte so abgeschieden sind und man bis zur nächsten Stadt, die verkehrstechnisch irgendwie an die Länder angeschlossen ist, mehrere Stunden oder teilweise gar Tage mit dem Boot fahren muss, interessiert es hier keinen, ob man jetzt Brasilianer, Peruaner, Kolumbianer oder Tourist ist. Wichtig wird es erst, wenn man von hier weiterreisen möchte, denn dann benötigt man den offiziellen Ausreisestempel von Kolumbien und den offiziellen Einreisestempel von Peru oder Brasilien. Hier ein paar Eindrücke von Leticia.

Besonders gefallen haben uns hier zwei Dinge. 1) eine Eisdiele, mit bio-Eis aus den Früchten, die nur im Amazonas wachsen, die uns die liebe Anni aus Minca empfohlen sind. 2) in der Stadt gibt es ein besonderes Phänomen. Jeden Abend kommen vor Einbruch der Dämmerung tausende Vögel (Papageienarten) zum Parque Santander geflogen und verweilen dort eine Weile, bis sie wieder von dannen fliegen. Das war ein ganz besonderes Schauspiel, bei dem Tatjana besonders Glück für uns auf die weitere Reise mitnahm 😊 (sagt man ja, wenn jemand von Vogelkot getroffen wird).

Tägliches Vogelspektakel

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Puerto Nariño

Da sich die Dschungeltiere hier aber in Leticia ansonsten zurückgezogen haben und vorm Menschen geflüchtet sind, sind wir in ein anderes Dorf, 2 Stunden den Amazonas hinauf, gefahren. Das Dorf heißt Puerto Nariño und gehört zum kolumbianischen Teil Amazoniens. Ja, genau richtig gelesen, wir sind über den Amazonas-Fluss mit mehreren Booten gefahren! Das war sehr beeindrucken. Noch beeindruckender war es zu sehen, dass wir bei Niedrigwasser unterwegs waren und bei Hochwasser die Wasserlinie ca. 15 – 20 Meter ÜBER uns gewesen wäre. Der große Vorteil für uns: Wir habe so viele graue und rosa Delfine sehen können, dass wir bis heute noch sprachlos sind. Denn die Niedrigwasser-Zeit ist die Zeit, in der die Delfine am besten zu sehen sind. Dafür haben wir leider nicht so viele Tiere im Dschungel gesehen, da die Tiere in der Regenzeit in die Gebiete kommen, in denen wir unterwegs waren. Aber es war wunderschön, total magisch und wir haben sehr viel über die Flora und Fauna gelernt. Mit ein paar Bildern können wir euch hoffentlich erfreuen und … ähm… nachdem 3 Personen inkl. Dschungelführer an einem Baum vorbeigegangen sind, ist Artur direkt hinter dem Baum in ca. 30 cm Abstand eine Giftschlange aufgefallen… Diese sah nicht sehr freundlich aus und der Dschungelführer hat uns auch erklärt, dass das seine größte Angst ist, aus Versehen mal von einer Schlange gebissen zu werden. Eigentlich sind diese Tiere sehr scheu und verstecken sich, wenn Menschen näherkommen, aber wenn jemand aus Versehen auf sie tritt oder die Schlange sich bedroht fühlt, dann wird nicht viel „diskutiert“ und für Entschuldigungen ist es meist zu spät…. Wir hatten also sehr viel Glück und uns allen wurde sehr warm als wir erkannt haben, dass wir hier in der freien Wildbahn unterwegs sind!

Die Bilder der Dschungeltour und der Giftschlange gibt es weiter unten 🙂 Die Bilder von Puerto Nariño und unserer Fahrt dorthin gibt es hier drunter.

Vorbereitungen für Perú

Wie bereits geschrieben, aus Leticia gibt es eigentlich kein Entkommen! Eigentlich gibt es aus dem Dreiländereck Leticia, Tabatinga und Santa Rosa kein Entkommen. Illegal kommt man hier nur durch den Dschungel weiter. Entweder man schlägt sich mehrere Tage/Wochen durch den Dschungel nach Brasilien, Peru oder Kolumbien in die nächstgrößere Stadt mit Verkehrsanbindung, wobei man hier auch unterwegs Glück haben muss, nicht von Schlangen gebissen zu werden oder von indigenen Völkern, die bewusst abgeschieden von anderen Menschen leben, getötet zu werden, oder man benutzt ein Flugzeug oder eines der Boote/Kreuzfahrtschiffe. Da aktuell Niedrigwasserzeit ist und diese in diesem Jahr besonders schlimm ist, sodass es aus Brasilien sogar bereits Berichte gibt, dass hier tausende Fische verendet sind, weil ganze Seitenarme des Amazonas ausgetrocknet sind, ☹ gab es nur ein Boot, mit dem wir weiter fahren konnten. Ziel: Iquitos in Peru. Also erst einmal nach Leticia in Kolumbien zum Flughafen in das Büro für die Einwanderung, um uns den Ausreisestempel zu holen. Danach 15 Minuten TukTuk Fahrt nach Tabatinga in Brasilien, um die Tickets für das Boot nach Iquitos am nächsten Morgen zu besorgen. Anschließend 5 Minuten mit dem „Bananenboot“ über den Amazonas nach Santa Rosa in Peru, um uns den Einreisestempel zu holen. Auf dem Rückweg noch direkt mal ein peruanisches Bier zur Einstimmung getrunken und eine Inca Cola… Das Getränk, was wohl mehr Zucker enthält als Cola und schmeckt wie… wie dieser Kaugummi den in den 90ern gab mit den Wasser Tattoos, der irgendwie 10 Pfennig gekostet hat und nach 2 mal kauen der Geschmack raus war, das Tattoo aber ultra cool war (Statement von Artur ^^ ).

Und ein Video von unserer Fahrt über den Grund des Amazonas möchten wir hier auch mit euch Teilen 🙂 Der Grund ist sehr uneben…

Am nächsten Morgen ging es dann los mit dem Speedboot nach Iquitos (Perú). 18 stunden fahrt, durch die Nacht und mit einer etwas besseren Taschenlampe zur Signalisierung, dass wir da sind. Aber wir haben es geschafft 😊 und es war toll! Belohnt wurden wir mit einen fantastischen Sonnenaufgang über dem Amazonas, bei dem wir die Flussdelphine springen sahen. 

Dschungeltouren

Wir haben 2 Dschungeltouren gemacht. Eine in San Martin in der Nähe von Puerto Narino in Kolumbien und eine in der Nähe von Iquitos… wenn man 4 Stunden Anreise zur Unterkunft „in der Nähe“ nennen kann. Was wir bei diesen Touren gelernt haben?

Der Dschungel ist Lebensraum für sehr viele Tiere. Von ganz kleinen Ameisen, über ganz kleine stachellose Bienen, welche unsere verschwitzen Klamotten und Körper geliebt haben über Frösche, diverse andere Insekten, Schlangen bis hin zu den ganz großen Tieren wie den Affen oder Vögeln und Raubtieren. Der Dschungel ist Lebensraum für all diese Tiere, die in Symbiose miteinander leben. Die Kleinen ernähren die Großen, die großen Düngen für die Kleinen, alle sorgen dafür, dass entweder der Boden gedüngt wird oder aufgelockert wird. Die Schwachen werden gefressen, die Starken vermehren sich, aber nur so weit, wie es die Fressfeinde zulassen. Ein perfekter Kreislauf… Bis zu dem Zeitpunkt, wo der Mensch eingreift.

Neben schwerwiegenden Eingriffen durch Firmen, illegalen Goldmienen, illegalen Drogenplantagen, Landbesetzungen und den Bau von Städten gibt es auch viele kleine indigene Dörfer im Amazonas. Tatsächlich gibt es auch heute noch sehr traditionellen Gemeinschaften, die bewusst abgeschieden beben. Daneben gibt es auch viele „moderne“ indigene Dörfer.

Wenn wir den Blick einmal vom traditionellen auf die Moderne richten, war am Anfang war noch alles in Ordnung, es wurden nur einzelne Bäume gefällt, es wurden diverse Rinden und Sträucher, Blätter und Blüten gepflückt für medizinische oder dekorative Zwecke. Alles in Symbiose und mit Respekt für die Umwelt. Es wurde nie mehr rausgenommen als nötig war… Doch auch die Dörfer wuchsen weiter und weiter und wurden größer und größer. Das bedeutete mehr Holz für mehr Gebäude. Die Gebäude wurden moderner und teilweise 2-stöckig, weil in der Regenzeit im tieferen Amazonasgebiet das Wasser den ersten Stock flutete. Es mussten mehr Boote gebaut werden für die wachsende Bevölkerung und vor allem musste auch Nahrung angebaut werden, weil der Dschungel nicht mehr genügend Nahrung im Umkreis der Dörfer bot. Also wurden Plantagen mit Koch-/Bananen, Reis, Kartoffeln und anderen Lebensmitteln angelegt. Der Dschungel musste immer weiter weichen. Doch die Verbindung zur Natur und zum Dschungel blieb. Mit der Einkehr der Kolonialisten und mit der Zeit bis heute änderte sich das jedoch. So haben wir mit diversen Personen, die in solchen indigenen Dörfern großgeworden sind, gesprochen und von allen das Gleiche erzählt bekommen.

Das Leben auf den Dörfern ist nicht einfach. Als bereits ganz kleines Kind wird man zur Feldarbeit, zum Angeln, zum Sammeln oder Jagen mitgenommen. Auch wenn das Anfangs nur den Grund hat, dass es keine Kindergärten und Kinderbetreuungen gibt, so lernt der kleine Mensch bereits durch Abgucken, um was es geht. Danach gehen die Kinder irgendwann in die Grundschule. Diese befindet sich entweder im Dorf oder im nächsten Dorf, wo die Kinder per Boot oder zu Fuß hinmüssen. Nach der Schule geht es dann nach Hause und es wird, bis es dunkel wird den Eltern bei der Arbeit geholfen. Abends wenn es draußen zu dunkel zum Mithelfen ist, werden die Hausaufgaben gemacht und am nächsten Tag geht es weiter. Wenn keine Schule ist, am Wochenende und wenn den Eltern nicht geholfen werden muss, dann treffen sich die Kinder zum Spielen. Fangen, Verstecken, das, was wir auch aus Deutschland kennen. Fußball ist auch ganz großgeschrieben. Hier wird mittlerweile auch mit modernen Lederbällen gespielt, welche bereits einige Einsätze miterlebt haben. Damals waren es noch Kautschuk-Klumpen, die in Ball Form geformt wurden. Irgendwann kommt dann das Alter, wo die Grundschule vorbei ist. Jetzt kommt es drauf an wie wohlhabend die Eltern sind und ob sie das Kind auf eine weiterführende Schule in die nächstgrößere Stadt schicken können. Spätestens hier sehen die Kinder die moderne Welt in ihren guten und schlechten Zügen. Viele Kinder wollen danach nicht mehr in den Dörfern leben bleiben. Medizin gibt es vom Arzt und in der Apotheke. Man läuft nicht mehr in den Wald und pflückt ein paar Blätter und macht sich einen Tee oder einen Sud. Das westliche Bild von mehr, weiter, größer und schneller verankert sich in den Kindern und sie wollen dieses westliche Leben. Fließendes Wasser den ganzen Tag. Warmes Wasser. Strom den ganzen Tag. Dazu Internetempfang, um zu sehen was die anderen haben und können. Der demographische Wandel hat den Dschungel erreicht. Die indigenen Dörfer werden älter. Das Wissen über die alte Medizin, über Riten und Bräuche wird weniger, das Zusammenspiel von Natur und Mensch, der Kreislauf des Lebens entkoppelt.

Als Artur gehört hat, dass wir in einem indigenen Dorf übernachten, waren da erst einmal diese stereotypischen Bilder in seinem Kopf: Runde Häuser aus Holz mit Schilf- bzw. Palmblatt-Dächern. Die Menschen halbnackt unterwegs mit Lendenschutz und ohne jegliche Technik oder sonstige Annehmlichkeiten. Was wir in San vorgefunden haben, waren: Holz- und teilweise gemauerte Häuser. Die meisten Dächer sind aus Wellblech, da es „langlebiger“ ist und nicht alle 2-3 Jahre ausgetauscht werden muss. In den meisten Dörfern gibt es Strom über Dieselgeneratoren oder es gab mal den Versuch vom Staat, Solarzellen zu verbauen, welche aber nicht mehr funktionieren. Es möchte sich auch niemand dranmachen, um sie wieder zu reparieren, weil diese dem Staat gehören. Strom gibt es meist morgens und abends oder solange die Batterien reichen. Die Menschen tragen normale Kleidung, so wie wir auch. Sie haben Smartphones und sind auf TikTok und YouTube unterwegs. Aus großem Bluetooth Lautsprechern schallt Musik. Teilweise bis tief in die Nacht. Es gibt mehrere Kioske, an denen man das Nötigste kaufen kann. Alles, was es da nicht gibt, kann bestellt werden und kommt in 1-5 Tagen mit dem Boot aus der nächstgrößeren Stadt oder der nächstnächstgrößeren Stadt. Bananenboote mit riesigen Kühltruhen drauf: haben wir gesehen. Waschmaschinen? Passen auf ein Bananenboot. Sogar Motorräder werden damit transportiert. Apropos Waschmaschinen. Da die Häuser in den Regel 400L – 10.000L Tanks für Regenwasser haben und es nur im November bis April regnet, muss im Rest des Jahres sehr sparsam mit dem Wasser umgegangen werden. Gewaschen wird sich im Fluss, ebenso die Wäsche wird da gewaschen. Wer wohlhabender ist und einen großen Wassertank hat, der kann sich auch zu Hause duschen. Wenn das Wasser im Tank ausgeht, kann man sich zwar in manchen Dörfern Wasser nachbestellen, aber das ist sehr teuer. Zum Kochen wird das Regenwasser verwendet. Wer mehr Geld hat, hat einen Wasserfilter oder kann sich Trinkwasser in 10L/20L Flaschen anliefern lassen. Gearbeitet wird auf den familiäre Plantagen (jede Familie hat eine eigene Plantage im Amazonas, in sogenannten „Fruchtwäldern“), beim Fischfang, im eigenen Supermarkt, im Dienstleistungssektor (Friseur, Handwerker, Lehrer, Arzt) und es wird ganz normal mit Geld bezahlt. Als wir durch das kleine Dorf San Martin gelaufen sind mit circa 150 Bewohnern, haben wir teilweise ganz vergessen, dass wir mitten im Amazonas sind, einige Stunden Bootsfahrt von der nächsten Stadt. Der größte Unterschied war, dass keine Autos unterwegs waren, es keine asphaltierten Straßen gibt und die „Bürgersteige“, nennen wir sie mal Wege zwischen den Häusern, alles andere als altersgerecht sind. Auch Kinderwagen oder Rollstühle sind hier eher fehl am Platz. Kinder werden auf den Armen oder um den Bauch/Rücken geschnallt getragen. Die alten Menschen des Dorfes kommen auch überall hin. Ganz langsam mit viel Zeit und ohne Stress laufen sie über die Wege zum Einkaufen oder Tee trinken. Und auch das ein oder andere kühle Kaltgetränk wird verköstigt 😉

Hier ein kurzes Video über die Herausforderungen bei Niedrigwasser: Sowohl die Boote dürfen nicht mehr so schwer beladen sein, wie auch beim Fahren muss besonders aufgepasst werden.

Jetzt sind wir ein wenig abgeschweift, entschuldigt bitte 😉 Zurück zu den Dschungeltouren.

Wusstest du eigentlich, dass der Amazonas Regenwald unterteilt ist, in mehrere Ökosysteme? So gibt es die Wolken- und Nebelwälder, die sich an den Anden-Östhängen befinden und die übergehen in die Bergregenwälder, die zwischen 1000 und 2000 Metern Meereshöhe liegen. Danach folgt der Tieflandregenwald. Dieser kann wieder unterteilt werden in Terra-Firme-Wälder sowie Várzera- und Igapó Überflutungswälder. Doch wo sind da die Unterschiede? Der Terra-Firme-Wald hat eine etwas geringere Baumdichte verglichen zum Bergregenwald. Er befindet sich etwa 30-200 Meter über dem Flusswasserspiegel und wird NICHT überflutet und verfügt über die höchste Biodiversität in den Amazonasregenwäldern.

Die beiden anderen Arten, Várzera und Igapó sind überflutete Flusswälder, welche man daran erkennt, dass die Bäume sich angepasst haben. So gibt es dort zum Beispiel Atmungswurzeln. Der Unterschied zwischen Várzera- und Igapó-Regenwald liegt in der Art des Wassers, mit dem er überschwemmt wird:

Igapó: durch sandige und mineralarme Böden fließendes Wasser, dass durch vorhandene organische Materialien eine dunkle Färbung annimmt; erkennbar an dunklem Wasser;  

Várzera: Überschwemmung durch klares oder trübes Wasser

Wir haben alle drei besucht…

Anhand der Wasserstands Linien an den Bäumen konnten wir uns kaum vorstellen, dass uns das Wasser in 5 Monaten an genau dieser Stelle bis zum Hals reichen würde oder wir noch 5 Meter Wasser über uns hätten. Eine unheimliche Vorstellung! Vor allem wenn man sieht, was da für Tiere im Wasser leben 🙈

Wir sagen nur Piranhas…. Sie leben in warmen, tiefliegenden Flüssen Südamerikas mit einer Temperatur zwischen 24-30 Grad Celsius, sonst würden sie nicht überleben.

Es ist zwar wahr, dass Piranhas Kreaturen angreifen, die ihre eigene Größe deutlich überschreiten. Das ist aber in der Regel nur der Fall, wenn die Beute verletzt ist und blutet. Der Ruf der Piranhas als Menschenfresser ist aber deutlich übertrieben. Tatsächlich würden viele Piranha Arten eher Früchte fressen als Menschen. Nach unseren Recherchen kommt das daher, dass bei einem Besuch des früheren US Präsiden Theodore Roosevelt des Amazonas im Jahr 1913, man zu seiner Unterhaltung eine blutende Kuh in einen Pool mit hungrigen Piranhas geworfen hat. Die Piranhas haben sich darauf gestürzt. Wie es dann so ist, haben sich schnell Geschichten über gruselige fleischfressende Fische in der Welt verbreitet.

Funfact: Im Amazonas gibt es einmal im Jahr das Phänomen einer Riesenwelle (die „Porocora“), von fast acht Metern. Die Piranhas leisten unter anderem hier einen wertvollen Beitrag für das Ökosystem, denn ohne sie würden viele Tiere, die durch die Welle sterben, verrotten und es würden sich Krankheiten verbreiten. Wir haben diese Welle nicht gesehen, denn bei uns war ja Niedrigwasser. Auch unseren Versuchen einen Piranha zu angeln, waren wir nicht erfolgreich… Da sind wir aber auch nicht traurig drum!

Piranha Angeln

2 Videos

Iquitos – Metropole im Dschungel 

Als komplettes Kontrastprogramm haben wir Iquitos und Leticia empfunden. Vor allem Iquitos hat uns lärmtechnisch wegen der vielen Tuk-tuks und lufttechnisch wegen der vielen Abgase oft an unsere Grenzen gebracht.

Hier ein paar konträre Impressionen aus Iquitos und dem Belen Markt.

CREA – Centro Rescate Amazonico

In Iquitos haben wir auch die Tierauffangstation CREA besucht, die von verschiedenen Partnern unterstützt wird, unter anderem vom Dallas World Aquarium und der KfW-Bank. Home – Centro de Rescate Amazonico

Überwiegend läuft die Finanzierung aber über die Einnahme von Besuchereintrittsgeldern. Die Organisation leistet sehr wichtige Arbeit in der Provinz Loreto, zu der Iquitos behört. So retten sie Wassersäugetiere, wie zum Beispiel Manatees, und gefährdete Wildtiere und päppeln sie wieder auf. Das Ziel ist, sie nach Möglichkeit wieder in ihren natürlichen Lebensraum zurückzuführen. Viele von ihnen werden als illegal Haustiere gehalten oder auf dem lokalen Markt in Belen zum Kauf angeboten. Die Gründe dafür häufig Unwissenheit, die Nutzung für schamanische Rituale sogenannter Brujos (böser Hexenmeister) oder Verzehr (zum Beispiel von Schildkröten). Regelmäßig gibt es Razzien auf diesem Markt, auf der Suche nach Tieren, die unter Artenschutz gestehen und/ oder schutzbedürftig sind. Dabei werden die Behörden auch oft fündig und die Tiere landen bei Crea.

Ein wichtiger Eckpfeiler der Organisationsarbeit ist ein Umweltbildungsprogramm, dass die lokale Bevölkerung für die Wildtiere im Amazonas sensibilisiert. Es wird ein eigener Film gedreht, der die Tiere ins Rampenlicht stellt. Ein Problem ist nämlich, dass im Fernsehen überwiegend Kinderfilme mit afrikanischen Wildtieren gezeigt werden und die Kinder so kaum Bezug für den Schutz der heimischen Tierarten haben. Genau hier setzt der Film an; die Kulissen waren toll! Das Programm ist ist ein Beitrag zum des Amazonas Ökosystems.

Da wir beide sehr tierlieb sind, hat uns der Besuch bei CREA stark bewegt. Bis heute haben wir die Bilder von den Tieren bei CREA aber auch von den Brujo Ständen auf dem Belen Markt im Kopf. Daher möchten wir ausdrücklich dafür sensibilisieren, keine exotischen Tierdelikatessen zu essen. Zwar zählt das Probieren neuer Lebensmittel zu den großen Reisefreuden. Kulinarische Traditionen entsprechen allerdings nicht immer dem Prinzip der Nachhaltigkeit. Dazu zählen Gerichte, wie Wal- und Haifischflossen- oder Schildkrötensuppe, die oft illegal gefangen werden. Auch wenn die Gerichte vor Ort vielleicht legal sind, sind die Erzeugermethoden häufig grausam.

Sei du selbst die Veränderung, die du dir für diese Welt wünscht.

– Mahatma Gandhi –

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