Patagonien – Gletscher, Traumlandschaften und deutsche Vorfahren
Wir sind in Patagonien viel gewandert… Eine Wanderung ist uns dabei sehr in Erinnerung geblieben und diese möchten wir nicht nur fotografisch, sondern auch sprachlich mit euch teilen…
Torres del Paine
Im Nationalpark Torre del Paine gibt es extrem viel zu sehen, es gibt diverseste Wanderwege, so dass wir alleine hier schon mehrere Tage verbringen könnten. Wir wollten aber den Berg sehen, der dem Park seinen Namen gibt: Den Torres del Paine! Also haben wir uns ein Busticket zum Park gebucht, da wir ohne Auto nicht in den Park gekommen wären und auch nicht mehr zurück. Der Park öffnet um 9 Uhr und schließt um 19 Uhr… Aber… lasst und von vorne beginnen:
7:00 Uhr: Es ist ein schöner sonniger Tag in Patagonien. Die Sonne scheint seit etwa 2,5 Stunden, es wird angenehm warm, die Luft ist frisch, die Vögel zwitschern und die Hunde bellen. Wir sind auf dem Weg zum Busbahnhof, denn von hier aus startet unsere Tour. Hier steht der Bus und fährt um 7:30 Uhr los. Um 9 Uhr sollen wir im Park sein und haben dann Zeit unsere Wanderung zu machen.
8:45 Uhr: Wir sind im Park angekommen. Wir zeigen unsere Eintrittskarten, die wir am Tag vorher online gekauft haben und gehen zum Shuttle, um zum nächsten Punkt im Park zu fahren. Soweit alles top. Wir sind top in der Zeit, alles läuft wie am Schnürchen 😊Wasser ist genug dabei: 4,25 Liter, bisschen Obst und selbst geschmierte Brote. Dazu Sonnenschutz, Sonnenbrillen unsere Dschungelkopfbedeckung und natürlich die 2-3kg Kamera. Achja… und natürlich auch ein Ministativ, was auch nochmal 1 kg wiegt, wir wollen ja ggf. auch mal das ein oder andere Selfie machen.
09:05 Uhr: Wir sind im Besucherzentrum angekommen. Großartig, hier gibt es ein Souvenirgeschäft! Und noch besser, hier gibt es auch warmen Kakao! Den brauchen wir jetzt, immerhin haben wir noch nicht gefrühstückt! Also setzen wir uns gemütlich hin und trinken erst einmal einen heißen Kakao und essen unser erstes Brot… Die Zeit vergeht, es sind immer weniger Menschen im Besucherzentrum…. Der nächste Schuttlebus kommt und die Leute laufen irgendwie alle gestresst auf die Toilette, nehmen ein Getränk To-Go und laufen los…. Naja, wer weiß was die für eine Tour machen, wir machen ja nur die 5,5km (105 min) + 3,2km (90 min) + 0,8km (45 min) Tour bis zum Lookout Base Las Torres. Also alles zusammengerechnet 9km und 4 Stunden + noch etwa 20 Minuten bis zum Anfang des ersten Abschnitts…eine Richtung!
Nachdem wir genüsslich unser Brot gegessen und unseren Kakao ausgetrunken hatten, machen wir uns auch auf den Weg… Wir waren nicht die Letzten, aber vermutlich unter den letzten 100 Personen auf dem Weg… Artur meinte auch nur sowas von: „In Neuseeland waren die Wege ja auch sehr grob geschätzt. Da war ein 45 Min Rundweg für uns beide fitte auch nur 25 Minuten lang! Wird hier sicher ähnlich sein!“
09:34 Uhr… Es geht los. Das Ziel bereits gesichtet… Erst mal ein paar Selfies. Hier ein paar Eindrücke festgehalten und dort… immer mehr Menschen überholen uns. Wir lassen uns nicht beirren und wandern weiter. Es wird hügeliger und anstrengender. Die heißen Winterklamotten, die wir drunter gezogen haben lassen uns schwitzen wir in einer Sauna.
10:50 Uhr: Es geht einfach nicht mehr, die Wintersachen müssen runter. Erst mal ausziehen und etwas trinken. Ach ja, wenn wir schon stehen, machen wir doch noch ein paar Selfies 😊Immerhin möchten wir ja Erinnerungen haben und unsere Leser:innen auch ein paar Bilder zum Text 😊
11:24 Uhr: Die erste Bergkuppe ist geschafft… Das Ziel noch nicht in Sicht und … ähm… WARUM GEHT ES JETZT HIER RUNTER? Wir dachten wir müssen weiter hoch?
11:49 Uhr: Wir sind an einer Hütte angekommen. Nass geschwitzt, total überanstrengt von der Wanderung bisher… 5,5 km haben wir geschafft… jetzt sollte es also einfacher werden, der Rest war ja nur noch mit 1,5 Stunden + 45 Minuten angegeben… Dann sind wir ja sicher bald da… Also erst einmal ein schönes kaltes Getränk gekauft und ein paar Bilder gemacht.
12:25 Uhr: Wir gehen weiter… schön flach am Fluss entlang, mal ein bisschen hoch, mal ein bisschen runter, alles easy! Mal hier etwas posieren für ein Bild und dort ein Blümchen fotografieren. Zwischendurch was trinken, denn die 4 kg Zusatzgewicht an Wasser müssen weg!
Die ersten Leute kommen uns entgegen… Wie kann das sein? Abbrecher? Wann sind die denn bitte losgegangen?
14:02 Uhr, wir sind am nächsten Abschnitt angekommen. Die Realisierung setzt ein, dass wir um 19 Uhr zurück am Besucherzentrum sein müssen, da dann der letzte Bus von da aus zum Eingang des Parkes fährt und wir sonst hier übernachten müssen und das können wir nicht, weil wir morgen früh bereits den nächsten Bus aus Puerto Natales weiter gebucht haben, und wir haben unsere Koffer auch noch nicht gepackt und … aaaaahhhhh! Ein kurzes Brainstorming hat ergeben: Wir können es schaffen: Wir brauchen 45 Minuten bis nach oben und haben dann noch theoretisch 15 Minuten oben, um uns das alles in „Ruhe“ anzuschauen und dann runterzugehen. Runter ist ja eh immer schneller und zurück sowieso… Also noch einen Zahn zugelegt und über die großen und kleinen Felsen gekraxelt. Ja, 890m überm Meeresspiegel. Angefangen haben wir bei etwa 100/120m!
15:25 Uhr: Es geht zurück – nochmal 9km. Wenn wir jetzt nicht loslaufen, dann müssen wir hier übernachten! Also: Noch mehr Gas geben und dabei auf jeden Schritt und Tritt achten, damit wir uns nicht die Haxen brechen!
15:55 Uhr: Weiter unten angekommen erst einmal die Parkranger gefragt, wann der letzte Bus fährt: 19:15 Uhr… Perfekt! Wir haben nochmal 15 Minuten dazugewonnen 😊Die Wahrscheinlichkeit, dass wir es schaffen können, ist ein wenig gestiegen. Wir haben uns auch kurz überlegt, uns an der Hütte auf der Mitte nochmal ein kleines Getränkchen zu kaufen. Ging leider nicht, weil die Verkäuferin eine Pause gemacht hat…
Wenn jemand sagt, der Rückweg ist kürzer als der Hinweg: NEIN! Ist er nicht! Und wenn jemand sagt, runter ist einfacher als hoch: NEIN! DEFINITIV NICHT!
Auf unserem Rückweg sind uns vielleicht noch ca. 100 Personen entgegengekommen. Gut, wir sind zurück fast gesprintet, ohne weitere Fotos, denn die Zeit war gegen uns.
19:00 Uhr: WIR SEHEN DAS BESUCHERZENTRUM! DA IST ES! DAS BESUCHERZENTRUM! WOHOOOOOO! Aber…. Es ist kein Shuttle da? Ähm… Wir müsse um 19:30 Uhr bei unserem Bus zurück sein, der am Parkeingang steht… Sollen wir zum Eingang laufen? Wir schauen uns an… Das dauert mindestens 1h, das schaffen wir nicht. Per Anhalter fahren? Lol… Keine Chance… Um diese Uhrzeit fährt niemand mehr, nur noch vereinzelte Personen und ob die uns mitnehmen?! Also stellen wir uns in die Schlange… Etwa 50 Leute warten noch auf den Bus. Nach uns sind nur noch 20 Personen angekommen.
19:26 Uhr: wir sitzen im Shuttle UND sind überglücklich, als wir unseren Bus noch am Eingang gesehen haben.
Bei diesem Spaziergang haben wir etwas sehr Wichtiges gelernt, was wir gerne mit euch teilen möchten: Ein leckeres belegtes Brot und ein Kakao können zu sehr viel Stress führen! Deshalb nehmt auf eure Wanderungen lieber Müsliriegel und Tee mit 😉 Nein… Scherz beiseite. Plant auf jeden Fall eure Touren gut ein und geht lieber zuerst zum Ziel und habt da mehr Zeit bzw. beim Zurückgehen mehr Pausen als am Ende fast schon sprinten zu müssen.
Das Ganze ist natürlich spurlos an uns vorbei gegangen 😊 Durch die „vielen“ Wanderungen und die viele Bewegung auf unserer Reise hatten wir nach dieser Wanderung fast keine Ermüdungserscheinungen😉. Wir konnten nur 3 Tage nicht mehr wirklich aufstehen und hatten Ganzkörpermuskelkater, weil unsere Waden und Oberschenkel und komischerweise auch die Arme so geschmerzt haben. Außerdem hatten wir nur für 1-2 Tage Rückenschmerzen durch den leichten Rucksack und die Kamera… Aber hey! Das Stativ haben wir kein Mal genutzt, das Wasser haben wir fast ausgetrunken und dass da noch 2 Nektarinen im Rucksack waren, das konnte ja keiner ahnen 😉
El Calafate
Der Perito-Moreno-Gletscher war bis 2019 noch einer der letzten verbliebenen Gletscher, welcher nicht geschrumpft ist. Dies änderte sich jedoch in den letzten Jahren, wie wir auf unserer Tour gelernt haben. Auf etwa 180m über Meereshöhe liegt der Perito-Moreno-Gletscher und das ist sehr niedrig. Normalerweise liegen Gletscher in kälteren Regionen und in den Hochgebirgen über 2000/3000 Meter. Hier in Patagonien, in der Arktis und in der Antarktis sowie in Grönland gibt es Gletscher, welche auch tiefer liegen. Insgesamt sind in Patagonien, also in Chile und Argentinien mehr als 17.000 Gletscher. Das liegt unter anderem daran, dass hier vom Pazifik die schwere feuchte Luft gegen die Anden gedrückt wird. Damit die Wolken diese überwinden können, regnen oder schneien sie die Feuchtigkeit ab und können dann trocken über die Gipfel weiterziehen, um dann irgendwann auf den Atlantik zu treffen. Nicht alle Gletscher sind für alle Personenkreise besuchbar. Viele sind nur von erfahrenen Bergsteigern oder nur mit speziellen, mehrtägigen Touren besuchbar. Der Perito-Moreno-Gletscher, den wir auf unserer Tour auf jeden Fall sehen wollten, war für uns mit ein Highlight auf unserer Reise. Es ist schon sehr beeindruckend gewesen, als sich die Wolkenschicht aufgelöst hat und wir gesehen haben, wie riesig der Gletscher ist und in welchen atemberaubenden Blautönen und die verschiedenen Erhebungen, Schichten und das Wasser er uns entgegengestrahlt ist. Hier ein paar Eindrücke. Diese können die ca. 40m Hohe Gletscherwand nicht wirklich rüberbringen, aber wir können euch sagen … atemberaubend!
Playlist
El Chaltén
Nachdem wir bei der Busplanung gesehen haben, dass wir 10 Stunden zum Umsteigen in El Chaltén haben, wollten wir die Zeit dort nicht vergeuden und haben eine Wanderung zum Bergsee am Fuße des Fitz Roy gemacht. Der Fitz Roy oder auch Cerro Chaltén, ist 3406m hoch und ein Granitberg. Der Name Chaltén kommt von den Ureinwohnern, den Tehuelche-Indianern, und bedeutet so viel wie „der Rauchende“, was daran liegt, dass an seinen Spitzen oft Wolken zu sehen sind.
Die Wanderung war definitiv besser geplant und ja… dieses Mal hatten wir auch ein Frühstück VOR der Wanderung 😉
Los Antiguos
Ein Ort in Patagonien auf argentinischer Seite, in dem es die dicksten Kirschen gibt. Ihr macht euch kein Bild darüber, wie groß und süß diese Kirschen waren, die wir hier direkt neben unserem Appartement vom Baum pflücken konnten. Wir haben eine Handvoll Kirschen gegessen und hatten das Gefühl, mehrere Löffel Honig gegessen zu haben. Ein paar Bilder findet ihr weiter unten 😊 Anscheinend gibt es hier keine Touristen von anderen Kontinenten. Zumindest haben wir hier nur Touristen aus Lateinamerika getroffen. Wie wir später feststellen mussten, liegt das eher daran, dass der Transport von hier, über die Grenze nach Chile, über die chilenische Seite bis nach Futaleufu und dann wieder nach Argentinien … sagen wir mal… mit „öffentlichen Verkehrsmitteln“ kompliziert bis fast unmöglich ist. Wir haben bei unseren Recherchen nur sehr wenige Informationen gefunden und Buchungen online?… Pfff… maximal eine Telefonnummer und die Info per WhatsApp, dass der Service eingestellt wurde oder wir morgens an dem und dem Tag an der und der Stelle auftauchen sollen und dann ggf. mitgenommen werden. Alle anderen Reiseberichte, die wir uns dazu durchgelesen hatten, sprachen immer von gemieteten Autos und Campingwagen. Beides hatten wir nicht und da unser Reisebudget immer weiter zur Neige geht, wir aber unbedingt diesen Teil sehen wollten, mussten wir es probieren. Schlimmstenfalls wären wir als Anhalter mitgefahren. Es gibt eh nur eine Straße, die in den Norden führt und in jedem Örtchen, mindestens einen Campingplatz, wenn nicht sogar ein paar Hostels.
Um zu unserem ersten Stopp in Chile, Puerto Rio Tranquilo zu kommen, mussten wir also einen Transport buchen, den es nur 3x die Woche gibt. So viel stand im Internet. Per WhatsApp konnte man diesen nicht kaufen, nur im Nachbarort Chile Chico… Wie der Name schon vermuten lässt… Chile 😊 Also haben wir uns 2 Fahrräder geliehen und sind rübergefahren. Ca. 4km bis zur argentinischen Grenze, dort unsere Fahrräder angemeldet und 6km, staatenlos, bis zur chilenischen Grenze gefahren und dort wieder unser Fahrrad angemeldet. Anschließend ging es weiter zum Busbahnhof, noch einmal 6km. Die Reservierung am Schalter war in 5 Minuten erledigt, also… was heißt hier Reservierung… Unsere Namen wurden auf einen Schmierzettel geschrieben, auf dem nichts anderes draufstand. Eine schriftliche Bestätigung geschweige denn ein Ticket haben wir nicht bekommen. Wie wir dann 2 Tage später feststellen durften, hier reicht tatsächlich ein Schmierzettel 😉 Zwei anderen Touristinnen, die spontan vorbeigekommen waren, hatten leider kein Glück: Der Bus war voll. 10 Plätze sind halt 10 Plätze und bei einem Sprinter auf Buckelpiste geht in der Mitte stehen in Chile auch nicht, da jeder Fahrgast sogar angeschnallt sein muss.
Hier ein paar Eindrücke, welche wir unterwegs gesammelt haben 😊
Puerto Rio Tranquilo
Warum wir unbedingt den schwierigen Weg über Chile mit den öffentlichen Verkehrsmitteln nehmen wollten? Weil es hier sehr viele Dinge zu sehen gibt, und wie wir auf unserem Weg in den Norden feststellen mussten, waren wir teilweise die einzigen Ausländer… Abgesehen von den Chilenen oder Argentiniern, die hier auch unterwegs waren 😊 Aber zurück nach Puerto Rio Tranquilo: Hier gibt es die Marmor Höhlen. Die Marmor Höhlen sind am Ufer und an ein paar Inseln in der Nähe vom Aires-See (Argentinien) bzw. Lago General Carrera (Chile), wie er so genannt wird. Mit 1850km² ist er ziemlich groß. Ca. 53% des Sees gehören zu Chile und 47% zu Argentinien. Er ist der größte See Chiles und der zweitgrößte See Argentiniens… Aber deshalb waren wir nicht hier, sondern wegen der Marmorformationen.
Da wir hier noch einen Tag zusätzlich eingelegt haben, hatten wir auch vor, eine kleine Wanderung zu einem Aussichtspunkt zu machen. Diese war mit 3 Stunden angesetzt, laut einer App die sich Artur auf seinem Handy installiert hat… Wir sind also wieder losgestapft… 45 Minuten später waren wir wieder in der Stadt, weil wir an der zweiten Kreuzung den falschen Weg genommen hatten und weil wir danach feststellen mussten, dass der umgekippte Bauzaun am Anfang unserer Wanderung eigentlich eine Absperrung zu einem Privatgrundstück… besser gesagt einem Steinabbaugebiet war… Trotzdem gibt es auch hier, dass ein oder andere Bild 😊 Wir haben die Wanderung dann einfach in der Stadt und am Strand fortgesetzt.
Dieses Mal war es auch spannend für uns, Tickets für den Bus reservieren: Nicht möglich. Zumindest wurde uns das so in dem einen Café, wo der Bus abfährt, gesagt. Eine Verbindung pro Tag gibt es, danach darf bis morgen gewartet werden. Ggf. wieder die Option zu trampen. Mit uns warteten etwa 15/20 andere Fahrgäste auf den Bus, um mit diesem nach Norden weiterzufahren… Was die wenigsten wussten, man konnte doch Tickets vorbestellen… Online… Artur hat es in einer 4-stündigen Recherche herausgefunden und wir konnten mitfahren. Von den 20 anderen mussten 6 zurückbleiben. 4 Personen durften im Bus „herumstehen“… Also durften sich irgendwo in den Gang setzten.
Puyuhuapi
„Gesundheit!“…. Nein, Scherz beiseite. Das ist eine Siedlung am Fjord in der Región de Aysén in Chile. Der Ort war unser Halt, um am nächsten Tag einen Hanging Glacier, also einen hängenden Gletscher zu besuchen. Wo man so eine Tour buchen kann, fragt ihr jetzt? Online geht hier nichts. Also… doch… Die Zimmerbuchung ging online, mehr aber auch nicht. Es war für uns eine spannende Herausforderung. Wir sind in dem Örtchen angekommen und haben uns erst einmal durchgefragt. Erster Tipp war die Touristeninformation. Diese hat uns gar nicht weitergebracht. Die war vor allem auch geschlossen, als wir gegen 21 Uhr angekommen sind. Also haben wir bei uns im Hotel nachgefragt und den Tipp erhalten, in einem kleinen Imbiss, 4 Straßen weiter nachzufragen… Und tatsächlich… „Zufällig“ hat der Besitzer einen kleinen Reisebus mit 12 Sitzen, abzüglich 1 Sitz für ihn selbst und er organisiert 1x pro Tag eine Fahrt zum Nationalpark Queulat. Glücklicherweise war für den nächsten Tag noch etwas frei und so konnten wir den Hanging Glacier „Veintisquero Colgante“ besuchen. Der grüne Gletschersee, der „Bosque Encantado“ (erfreuter Wald), durch den wir zum Aussichtspunkt gewandert sich und der Aussichtspunkt auf den Hängenden Gletscher haben und sehr beeindruckt. Hier ein paar Eindrücke für euch 😊
Futaleufu
Allein ausgesetzt in der Wildnis… unser Bus hat uns vor einem kleinen Restaurant in einem Ort mit maximal 250 Einwohnern in einer Nebenstraße rausgeschmissen… Wir waren die einzigen, die anderen 8 Personen sind irgendwohin gelaufen. Uns wurde gesagt, dass unser Bus nach Futaleufu in ca. 1 Stunde hier ankommt und uns mitnimmt. Danach ist er mit den anderen 80 Fahrgästen weggefahren. Unser Ziel, nicht so wie bei den anderen: Puerto Montt. Unser Ziel: Futaleufu, ein Ort an der Grenze zu Argentinien. Von hier aus wollten wir weiter nach Bariloche, aber dazu gleich mehr. 30 Minuten später, wir haben frischen Erdbeersaft mit Eiswürfeln und Tatjana hat irgendwoher einen Muffin… woher auch immer. 2 Freunde hat Tatjana auch mitgebracht… 2 Hunde, die total fixiert auf… DEN MUFFIN waren 😉 Wir mussten den schon mit Händen und Füßen verteidigen. Die Hunde hier in Chile waren ein bisschen anders vom Habitus als in den anderen Ländern. Es gab mehr Hunde und die waren mehr wie so Nachbarn, die einfach mal vorbeikamen, um sich ein Stück des Mittagessens oder eben unserem Muffin abzugreifen. Jedenfalls haben wir es geschafft, den Muffin zu teilen und aufzuessen, bei der Hälfte des Erdbeersaftes kam plötzlich unser Bus. „Cinco Minutos“ („Fünf Minuten“) meinte der Busfahrer auf die Frage, wann wir losfahren. Also superschnell den restlichen Erdbeersaft getrunken, die Koffer in den Bus geworfen und schnell auf Toilette gelaufen. 2,5 Stunden Fahrt nach 300ml Getränk ist ja schon lang 😉 Wir und die anderen 2 Mitfahrer:innen saßen also im Bus, 10 Minuten später kam dann auch der Busfahrer aus dem Restaurant heraus und wir fuhren los. Los ins nächste Abenteuer, denn 4 weitere Stunden Recherche haben zwar ergeben, dass auf der argentinischen Seite ein Bus fährt und das Folgeticket konnten wir auch bereits online buchen, aber was zwischen Futaleufu und der Chilenisch/Argentinischen Grenze los ist? … KEINE AHNUNG … Also, in Futaleufu am Bushof angekommen erst einmal herumgefragt… angeblich gibt es in einem Hostel mehr Informationen. Nachdem wir unsere Rücksäcke, die mittlerweile pro Stück 20kg wiegen + noch die kleinen Handgepäcksstücke die wir so mitschleppen (Tatjana etwa 4kg, Artur etwa 10kg), in unserem Hotel abgestellt haben, sind wir also zu besagtem Hostel gestapft. Wir sollen morgen früh einfach vorbeikommen, um 7:30 Uhr fährt der Minibus hier vor dem Hostel los. Reservierung? Braucht ihr nicht! Ticket? Wird direkt beim Fahrer gelöst und bar bezahlt. Gepäck? Kommt schon irgendwie mit. „Tranquilo!“ was so viel bedeutet wie „Immer mit der Ruhe!“ 😊 Nun ja, wir waren am nächsten Morgen da und mit uns auch eine handvoll Personen. Der kleine Minibus war trotzdem beim Losfahren voll und es standen nochmal so viele Personen vor dem Hostel, dass der Minibus uns an der Grenze abgesetzt hat und zurückgefahren ist, um die Personen abzuholen. Auf der anderen Seite der Grenze stand ein in die Jahre gekommener Reisebus, der bereits auf uns „Chilenen“ wartete. Und der chilenische Minibus auf chilenischer Seite hat dann die Argentinier mitgenommen. Es war alles geplant, aber nicht irgendwo sauber aufgeschrieben 😉Wir haben es jedenfalls geschafft wieder auf die „Standard-Touristen-Strecke“ zu kommen 😊
Und weiter ging es zu unserem eigentlichen Ziel und auch dem Ende von Patagonien… San Carlos de Bariloche.
San Carlos de Bariloche
San Carlos de Bariloche oder auch nur Bariloche hat 140.000 Einwohner und liegt in der Provinz Rio Negro. Den Name Bariloche kennen vielleicht einige von euch. Das könnte daran liegen, dass er aus Film und Fernsehen bekannt ist, weil hier einige Naziverbrecher untergetaucht und teilweise in den 90er Jahren ausfindig gemacht wurden. Dazu kommen wir später. In Bariloche mit dem Bus angekommen, hatten wir erstmal ziemliche Schwierigkeiten beim Check-in in unser AirBnB. Die Dame an der Rezeption wusste nichts von unserer Buchung und unser leichtes Gepäck konnten wir leider auch nicht bei ihr abstellen, bis die angegebene Check-In Uhrzeit eingetreten ist. Also haben wir uns erstmal mit Sack und Pack auf die Suche nach etwas essbarem gemacht, was zum Glück auch geklappt hat. Uns haben immer mal wieder Anfragen von engen Freunden und Familie erreicht, ob wir auch genug zu essen bekommen…Ja, bekommen wir 😊 Durch unsere vielen verschiedenen Einblicke haben wir unsere Ernährungsgewohnheiten umgestellt und verzichten auf hochverarbeitete, zuckerreiche und übergroße Portionen. Dadurch haben wir uns glücklicherweise etwas verkleinert 😊
Nach dem Essen und dem dann erfolgreichen Check-In ging es erstmal auf Erkundungstour mit dem Ziel das Guthaben auf unserer argentinischen SIM-Karten aufzuladen. Da Bariloche unser letzter Stopp in Argentinien sein sollte, wollten wir es vermeiden, nochmal Bargeld über Western Union zu transferieren. Beim Aufladevorgang stellten wir aber gleich fest, ohne Moos nix los. Also Plan B – US Doller tauschen. Es war Samstag, alle offiziellen Wechselstuben waren bereits geschlossen, also blieb uns nur der Tausch auf der Straße übrig. Unsere 20 Dollar Noten waren nicht so beliebt, was den Wechselkurs anging, aber wir haben letztlich einen sehr fairen Kurs bekommen. Zur Info an euch: Der Tausch von US Dollar oder Euro in Argentinische Peso auf der Straße wird zum Blue Dollar- oder Touristen Dollar-Kurs vorgenommen. Wenn der offizielle Kurs z.B. 100$ = 850 Peso ist, dann ist der Straßenkurs bei etwa 100$ = 1200 – 1350 Peso. Jedoch bekommt man diesen Wert nur, wenn man dort mit druckfrischen und nicht geknickten 100 US$ Scheinen ankommt. Ansonsten hängt alles vom Handlungsgeschick und dem Gusto der Mitarbeiter:in in der inoffiziellen Wechselstube ab.
Die deutschen Einflüsse sind in Bariloche nicht zu übersehen. Gebäude, Bier, deutsche Schule.
Am nächsten Tag war Tatjanas Geburtstag, ein besonderer Geburtstag. Weit weg von zuhause und ganz anders aber sehr entspannt und schön. Am Vormittag ging es erstmal für uns beide zum Friseur, wurde auch wirklich Zeit. Frisch gestylt haben wir uns dann auf eine kleine Wanderung zu einem alten Wasserwerk gemacht. Wir durften zwar offiziell nicht rein aber für ein Foto durch die offene Türe und zumindest unseren Oberkörpern waren drin, dafür hat es gereicht.
Den Abend haben wir dann in einer Brauerei (Kunstmann) deutschen Ursprungs ausklingen lassen. Da gab es sogar ein Lokalständchen für Tatjana 😊 Wenn da mal nicht jemand rot geworden ist…
In der Region um Bariloche liegen sehr viele Seen, weshalb sie auch Patagonische Seenplatte oder Patagonisches Seengebiet genannt wird. Das wollten wir uns natürlich ansehen. Und wo geht das besser als von einer Bergkuppe. Nur da muss man erstmal hochkommen – zum Glück gab es einen Sessellift 😊
Danach haben wir noch einen kleinen Abstecher in eines Schweizer Dörfchen gemacht, wo wir richtig köstlich zu Mittag gegessen haben. Um Bariloche herum leben an den Seen sehr viele Europäische Auswanderer bzw. ihre Nachfahren. Das konnten wir auch gut nachvollziehen, denn die Landschaft ist wunderschön.
Gegen Abend waren wir zurück in Bariloche, wo eine wirklich spannende Tour auf uns wartete, die „Deutsche Fußspuren und Nazipräsenz“ Tour. Es ging vorbei an einigen historischen Gebäuden, wo wir die Geschichte der Stadt lernen durften. Die ersten Deutschen kamen um 1848 in die Region und das aus wirtschaftlichen sowie auch politischen Gründen. Tatsächlich gab es insgesamt drei deutsche Einwanderungswellen, was wir sehr spannend finden. Denn gemeinhin sind in Deutschland nur die Nazideutschen in Argentinien, im Süden Brasiliens, Paraguay und in Chile bekannt. Daher lasst uns kurz in die Geschichte eintauchen.
Erste Welle (Mitte des 19. Jahrhunderts bis Ende des 19. Jahrhunderts):
Im 19. Jahrhundert gab es die erste Welle deutscher Einwanderer in Nordpatagonien. Wirtschaftliche Einwanderer wurden angezogen durch den Ausbau der Land- und Forstwirtschaft in der Region. Sie wurden von Argentinien aktiv angeworben. Daneben gab es auch viele Einwanderer, die sich aus politischen Gründen nach Argentinien begaben. Wir finden dieses historische Wissen gerade im Lichte der aktuellen antidemokratischen Schwingungen in Deutschland extrem wichtig. Teilweise war die erste Einwanderungswelle nämlich durch die sozialen und politischen Unruhen in Deutschland zu dieser Zeit motiviert, die durch die gescheiterten Märzrevolutionen 1848/1849 ausgelöst wurden. Das Ziel der Märzrevolutionen war es demokratische Reformen in Deutschland einzuführen, die Macht der Fürsten zu begrenzen und eine nationale Einheit der verschiedenen deutschen Staaten zu erzielen. Zu dieser Zeit waren sie noch nicht als deutsches Reich vereint. Nachdem die Revolutionen scheiterten, wurden viele Befürworter politisch verfolgt und machten sich auf die Suche nach einer neuen Heimat, die ihren demokratischen Werten entsprach. Argentinien hatte seinerzeit in seiner Verfassung Religionsfreiheit und liberale Grundsätze verankert, was es für die deutschen Emigranten zu einem attraktiven Einwanderungsland machte.
Das zeigt uns ein weiteres Mal, wie wichtig Demokratie für ein freies und selbstbestimmtes Leben von uns Menschen ist. Unsere deutschen Vorfahren sind aus Deutschland geflohen, weil dort keine demokratischen Werte gelebt wurden und wurden dort herzlich aufgenommen. Wir möchten deshalb ausdrücklich dafür appellieren, für diese Werte in Deutschland ein- und aufstehen. Denn nur so können wir in Freiheit miteinander leben.
Zweite Welle – zwischen den Weltkriegen
Die zweite deutsche Einwanderungswelle fand nach dem ersten Weltkrieg statt, als es viele Menschen wegen der wirtschaftlichen Situation und politischen Unruhen nach Argentinien verschlug. Viele deutsche Einrichtungen in Argentinien, wie deutsche Schulen, Bergsteigervereine und soziale Organisationen stammen aus dieser Zeit. So auch der 1931 von Otto Meiling gegründete erste Bergsteigerverein Argentinien, der Club Andino Bariloche. Der Verein unterhielt verschiedene Berghütten unter anderem eine mit dem Namen Bergfreude. Der Verein ist nach wie vor aktiv und wir haben das Vereinshaus auf unserer Tour gesehen.
Dritte Welle (Nach dem Zweiten Weltkrieg)
In der dritten Einwanderungswelle nach dem Weltkrieg kamen viele Flüchtlinge, einschließlich einiger hochrangiger Nazis nach Argentinien. Die Regierung des argentinischen Präsident Perón fragte bei der Einreise nicht nach den vorherigen Rollen im Naziregime, so dass sie sich hier in Sicherheit wägten. Sie integrierten sich in die deutschen Einrichtungen vor Ort und traten teils mit einem gefälschten Namen und teils auch mit ihrem eigenen Namen auf. Unter ihnen waren bekannte Namen wie Joseph Mengele (1949-1959 unter dem Namen Helmut Gregor), Adolf Eichmann (1950-1960 unter dem Namen Richard Klement) und Erich Priebke und Reinhard Kopps.
Traurige Berühmtheit erlangte Bariloche, als 1994 durch eine US-Amerikanischen Journalisten herauskam, der weltweit auf der Suche nach Nazi-Tätern war, dass in Bariloche unter anderem Erich Priebke und Reinhard Kopps und auch Josef Mengele dort lebten. Priebke konnte gefasst werden und bekam einen Prozess in Italien, wo er schwere Verbrechen begangen hatte. Priebke war damals ein enger Mitarbeiter des Gestapo-Chefs von Rom und am 24. März 1944 am Massaker in den Ardeatischen Höhlen bei Rom beteiligt, bei dem 335 Geiseln erschossen wurden. Kopps, der Priebke bei dem Reporter verpfiff, konnte fliehen und ist mittlerweile vermutlich bereits verstorben und Mengele ist viele Jahre früher bereits in Brasilien verstorben. Erstaunt hat uns sehr, dass Priebke unter seinem deutschen Namen hier Leiter der Deutschen Schule in Bariloche war, ohne dass es irgendwem aufgefallen ist oder wohl interessierte. Das Interview zwischen dem Reporter und Priebke aus den 90er Jahren lässt sich bei Youtube finden.
Erich Priebke – Tracking Down A Gestapo Officer | Nazi Hunters | Curious?: True Heroes (youtube.com)
An unserem letzten Tag vor Ort haben wir den schwarzen Gletscher im Nahuel Huapi Nationalpark besucht. Er befindet sich am Fuße des Mount Tronador, einem Vulkan auf dessen Bergrücken sich ebenfalls ein Gletscher befindet. Der darunter liegende schwarze Gletscher wird durch den oberen Gletscher genährt. Das bedeutet, es fällt von oben ständig Eis vom Gletscher herunter und enthält viel Sediment. Zusätzlich kommt noch der Abrieb, den der Schwarze Gletscher selbst produziert und so sieht der Gletscher nicht blau, sondern schwarz aus. Hier ein paar Fotos von dem Gletscher und unserer kleinen Tour durch den Nationalpark.
Und hiermit endet unsere Reise durch Patagonien und durch Argentinien… Wir nähern uns auch so dem Ende unserer wundervollen Entdeckungsreise… Chile ist das letzte neue Land, welches wir besuchen… Auf geht es also in die Hauptstadt von Chile… Santiago de Chile!